(Zichydorf, Zichyfalva)
1787 - 1924
Von Felix Milleker
Einleitung
Mariolana (früher zuerst Zichydorf, dann Zichyfalva)
liegt in Serbien, im Donau-Departement (Smederevo), Bezirk Werschetz,
an der Eisenbahnlinie Werschetz-Groß-Becskerek, unter 35°
47´ östlicher Länge und 45° 14´nördlicher
Breite, 82 m über dem Adriatischen Meere.
Die Gemarkung hat eine unregelmäßige Gestalt und zieht
sich in einer Länge von 11 km von Nord nach Süd, ist eben
und 77 - 81 m über der Meeres-Oberfläche; nur einzelne
wenige Punkte sind 82 m. Im Nord sind die Fluren Bioseg, Onko und
Velika-Greda, im West Verbrennte und im Süd Seliste und Laudonovac.
Nachbarsorte sind im Nord Gross-Gaj und Partos, im West Velika-Greda
(Györgyhaza), im Süd Jermenovci (Ürmenhyhäza)
und Sent-Janos und im Ost Margita und die Stadt Vrsac.
Das Ortsgebiet umfasst 8819 Kantastral-Joche, die Einwohnerzahl
war bei der letzten Volkszählung am
1. Jänner. 1921: 3120 Seelen, wovon der Sprache nach die Deutschen
mit 2618 und der Religion nach die röm. Katholiken mit 2800
überwiegend sind. Die Hauptbeschäftigung der Bewohner
ist Feldbau.
I. Morminz
Da die Gegend von Mariolana sehr sumpfig war und
auch niemand auf Altertumsfunde achtete, so sind solche aus derselben
unbekannt. Von einem kleinen Steinmeißel, der sich in der
Hinterlassenschaft des verstorbenen Dechant-Pfarrers Ferdinand Löschardt
vorfand und gegenwärtig im Vrsacer Städt. Museum aufbewahrt
wird, ist nicht erwiesen, daß es ein Fund unserer Gemarkung
ist.
Im Mittelalter gab es in der Gegend Ansiedlungen, namentlich Bioseg,
von dem im Anhange die Rede sein wird, und die Ortschaften Terjan,
Sarkac und Raros, an welche alle heute noch Flurnamen erinnern.
An der Stelle unser heutigen Gemeinde taucht erst anfangs des XVIII.
Jahrhunderts eine Ortschaft auf, die auf alten Karten ersichtlich
ist und den Namen Morminz führte.
In der Konskription des Vrsacer Bischofs Moses Stanojevic, aus dem
Jahre 1713 hatte Morminz 23 Häuser (Glasnik, Jahrgang V, Nr.
10, S. 15 1).
Als nach der Vertreibung der Türken im Jahre 1717 die banater
Ortschaften zusammengeschrieben wurden, hatte die Ortschaft Mormenta
im Werschetzer Distrikt nur mehr 8 Häuser (Szentkläray:
Szäz ev, 1, 26).
Laut der auf Befehl des Prinzen Eugen 1723-5 angefertigten Karte
des Temesvarer Banats war unsere Ortschaft noch bewohnt.
Hernach scheint sie bald ihre Einwohnerschaft verloren zu haben,
weil später die Gegend als Prädium (verlassenes Dorf,
Puste) verpachtet wurde (ebenda I, Beilage 6, S. 5).
Mormintz bedeutet im Rumänischen soviel wie Begräbnisstätte,
Friedhof. Dies ist der einzige rumänische Ortsname in der Werschetzer
Gegend. Da die rumänischen Hirten mit ihren Schafherden bis
in die neueste Zeit die Weidegründe westlich von Werschetz
aufsuchten, so ist es nicht unmöglich, daß solche am
Ende des 17. Jahrhunderts die armseligen Hütten unseres Dorfes
erbauten.
Als 1889 die Groß-Becskerek-Margitaer Bahnlinie erbaut wurde,
stieß man während der Erdarbeiten bei der Station auf
eine alte Begräbnisstätte. Vielleicht gab diese die Veranlassung
zur Benennung des Ortes. Jedenfalls bezieht sich hierauf die Legende,
daß Prinz Eugen mit seinem Heere in dieser Gegend den Türken
eine Schlacht geboten hat, wonach die Toten hier bestattet wurden,
wovon die Geschichte jedoch nichts weiß.
Der Ortsname Morminz ist im Banat nicht selten. So ist östlich
von Deschanfalva die Flur Marmunz (Militär Aufnahme vom Jahre
1865), dann kommt der Name Morminze in der Gemarkung von Csiklova
vor (Pesty: Krasso, 11- 1, 110), ferner ist Morminz auch in der
Gemarkung von Franzdorf zu finden (ebenda, 16 1), dann kommt ein
Mormintje in der Almasch im Mötscherischen Walde vor (Borovßky
Temes vm. monogr. 40), und endlich findet sich in der Gemarkung
von Dorgos eine Anhöhe namens Djalu Morminz. Auch ein nordwestlicher
Ast des Semenik heißt Monnintiu.
Unsere Morminz-Puste finden wir auch auf der aus dem Jahre 1799
stammenden Karte des Torontaler Komitates im Görö` Magyar
Atlas zwei deutsche Meilen westlich von Zichyhaz und eine deutsche
Meile südlich von der Puste Bioseg mit der Bezeichnung "P.
Mormintye".
Das Prädium. "Morminta" war um die Mitte des XVIII.
Jahrhunderts durch 40 Jahre von der Banatischen Prädien-Societät
zu Weidezwecken und zur Heugewinnung gepachtet (Szentkläray:
Szäz bv, 13762).
Zuletzt war das Prädium "Mormintia" von 1783 bis
1789, also auf 6 Jahre, verpachtet. Sein Flächeninhalt betrug
3186 Joch. Der Pachtschilling, welchen die Kammer auf ein Jahr erhielt,
war 1472 rh. Gulden. Ein Joch brachte also 27 ²/3 Kreuzer jährlich
(Czoernig: Ethnographie, 111, 9). Dies war die Ursa-che, weshalb
die Kammer die Kolonisation für vor-teilhafter fand. Und zu
dieser bot sich auch damals die Gelegenheit.
II. Zichydorfs Gründung und seine ersten
Schicksale
1787-1819
Kaiser Josef der II. (1780 -1790) eröffnete
mit dem Patent vom 21. September 1782 eine neue große deutsche
Einwanderung in die östlichen Länder seines Reiches, besonders
ins Banat. Mit der Leitung der Kolonisierungsarbeiten wurde eine
eigene Kommission mit dem Grafen Kristof Nitzky an der Spitze betraut.
Auch der Präsident der Ungarischen Hofkammer nahm daran teil.
Im Banat war 1784-1788 mit der Leitung der Kolonisation der Temesvarer
Kameraladministrations-Direktor Graf Peter Revay betraut. Schon
1781 hatte im Banat auch eine lebhafte Innen-Kolonisation eingesetzt.
Die Ein-wanderung aus dem deutschen Reiche wurde vom Kaiser Ende
1786 vorläufig und am 13. März 1787 gänzlich eingestellt.
Auch für die Werschetzer Gegend waren deutsche Ansiedler in
Aussicht genommen. Namentlich plante man in Morawitza 145, in Groß-Zsam
152 und in Margita 1 Kirche und 160 Kolonistenhäuser zu erbauen.
Ende Oktober 1787 waren neben Groß-Zsam alle 152 Häuser
erbaut und besiedelt (Freuden-tal), in Morawitza waren erst 30 fertiggestellt,
in Margita aber noch nichts begonnen. In Margita wur-de auch nicht
gebaut, denn man verlegte die neue Kolonie auf das Prädium
Morminz.
Im Winter 1787 - 1788 und im Frühjahr 1788 entstand die Ansiedlung,
wurden die Häuser erbaut und der Grund verteilt. Es kamen 123
Grundansä-ßigkeiten zur Verteilung. Eine jede derselben
bestand aus 34 Jochen. Außer dem Hausplatze und der Hutweide
wurde das übrige in vier Teilen auf die Weise zugewiesen, daß
ein jeder Aussiedler gutes und minderes Feld gleichmäßig
erhielt.
Die Gesamtzahl der ersten Einwohner mag 500 - 600 gewesen sein.
Ihren Namen erhielt die neue Gemeinde nach dem damaligen Präsidenten
der ungarischen Kammer Graf Karl Zichy de Vasonkeö, welcher
am 4. März 1753 geboren, zuerst Obergespann des Bekeser, dann
des Raaber Komitates war, 1783 Kammerrat, 1785 Kammerpräsident,
Truchseß und wirklicher Geheimrat, von 1787 angefangen Präsident
der Ung. Statthalterei und seit 1788 Landesrichter und Ritter des
Goldenen Vlieses, seit 1808 aber Mitglied des Staatsrates und Präsident
des Staatsministeriums war. Er starb am 26. Sept. 1826.
Im Jahre 1788 wurde (unter Nr. 18) ein provisorisches Gotteshaus
und (unter Nr. 74) ein Pfarrhaus erbaut. Zugleich wurde der Franziskaner
der Kapistraner-Provinz Kaplan Lukas Reisch aus Nagy-Köveres
nach Zichydorf versetzt.
Da die Einwanderung aus dem Reiche schon aufgehört hatte, so
erhielt Zichydorf nur Kolonisten aus banater deutschen Ortschaften,
namentlich aus Grabatz, Hatzfeld, Groß- und Klein-Jecsa und
Ostern.
Laut den noch vorhandenen Kirchenbüchern existieren in der
Gemeinde heute noch Nachkommen von den folgenden Kolonisten:
Achtzehner, Amon, Bähr, Bergl (Pergel), Bertram, Blaskovies,
Broos, Butto, Busch, Debert, Donauer, Engel, Engler, Fellinger,
Fischer, Fleischhacker, Fraß, Froh, Gradentaler (Grotentaler),
Graf, Hamus (Hammes), Hasenfratz, Heinermann, Henz, Hochbein, Hüpfl,
Jasper, Jung, Just, Keiner, Kiefer, Knapp, Kühborn, Lenhard,
Maly, Mayer, Müller, Niedermayer, Nießner, Noll, Oberle,
Parmansche, Payer, Pe-ter, Piller, Pold, Portscheller, Reiter, Rieger,
Rist, Rößlein, Scheirich, Scheitnaß, Schleicher,
Schneider, Schönherr, Schummer, Schwarz, Singer, Spieß,
Steinbrückner, Storch, Türk, Ulrich, Voigen (Wo-sching),
Wachsler, Wagner, Wambach, Wingert, Wiest, Zeier, Zopf, zusammen
72, also mehr als die Hälfte der ersten Ankömmlinge.
Nachstehende Kolonistennamen kommen heute in der Gemeinde nicht
mehr vor. Deren Träger sind entweder ausgestorben oder ausgewandert:
Abesk, Angerer, Aschenbrenner, Auer, Bestalter, Blahovsky, Bozorn,
Cseßnak, Davidis, Eisenmann, Erhard, Erntner, Falkner, Feldmann,
Feichttaler, Filler, Fleischl, Flucher, Frank, Fritz, Gattan, Gärtner,
Gerner, Gruber, Glaser, Gyarmati, Gyön, Hadler, Harbauer, Harteier,
Haschka, Haslinger, Haßelik, Härte, Hilbert, Hirsch,
Hochreiter, Hock, Hoff, Holzeis (Holzheiß), Jäger, Keßler,
Kielin, Klamin, Klody, Kobeß, Kollmann, Koll, Kovacs, Krause,
Krämer, Lackhaus, Lackner, Leutner, Lohr, Loth, Mais, Maurer,
Molling, Montangoll, Morell, Möschele, Muntschler, Mücke,
Mühlbauer, Nothof, Oroz, Pal-mer, Pauer, Paumert ( Pannert),
Peist, Pindl, Pinter, Pfann, Potsch, Prenk, Prisehler, Purger, Reiser,
Rheinländer, Rieder, Roland, Rolli, Ruff, Safel, Schilling,
Schleder, Schmied, Schuller, Schulz, Schül, Schweninger, Seidl,
Seidler, Simmerlein, Spruck, Stettner, Streb, Stromayer (Strohmayer),
Stumpf, Till, Töll, Travnik, Treupfel, Velicsan, Viome, Wacker,
Weidele, Willmut, Windischer, Zeffler, zusammen 112 Namen.
Die Namen stammen nicht alle aus dem Jahre 1789, sondern auch noch
aus den vier folgenden Jahren. Manche siedelten ab und wurden durch
andere ersetzt. Viele Träger waren keine Landwirte, sondern
nur Kleinhäusler und endlich Knechte und Dienstmägde.
Aber unsere neuen Ansiedler fühlten sich noch nicht einmal
recht heimisch, als sie auch schon eine schwere Prüfung zu
bestehen hatten. Im September 1788 brachen die Türken ins Land
und lagerten in Alibunar, von wo aus sie Streifzüge gegen Werschetz
und Denta unternahmen. Schon bevor flohen unsere Leute gegen Temesvar,
nachdem sie vorher ihre Getreidevorräte verbrannt hatten. Erst
am Karfreitag des nächsten Jahres kamen die ersten zurück,
denen dann langsam auch die übrigen nachfolgten. Später
kam auch der Pfarrer, der am 2.Juli 1789 wieder zu amtieren begann.
Jetzt erst konnte sich die Gemeinde konsolidieren.
Die Kolonisten hatten es anfangs nicht leicht. Doch die Kammer,
welche ihnen nicht nur Haus und Grund gegeben hatte, bot noch weitere
Unterstützung. Ein Ausweis aus dem Jahre 1792 ist ein beredter
Zeuge. Bei der Kolonistengemeinde blieben aushaften an Vorschuß
(Anticipation) mit Ende Oktober 1791: Winterweizen 871 60/8o Metzen,
Halbfrucht: 1.471 M., Gerste: 535 40/60 M., Hafer: 729 M., Kukuruz:
244 40/60 M. Die Abstattung hierauf im Jahre 1792 war: Winterweizen:
830 M., Halbfrucht: 21 M., Kukuruz: 224 40/8o M. Der Rückstand
mit Ende Oktober 1792 war demnach: Winterweizen: 41 60/80 M., Halbfrucht:
1.450 M., Gerste: 535 40/80 M., Hafer: 729 M. und Kukuruz: 19 65/80
M.
Der Pfarrer Lukas Reisch erhielt von der Kammer an Deputat: 15 M.
Halbfrucht, 30 M. Hafer, 15 M. Kukuruz, 15 Schober Heu, 15 Klafter
Brennholz (Eiche). Der Lehrer bekam an Deputat: 24 M. Halbfrucht
und 6 Klafter Brennholz; zur Beheizung der Schule gab die Kammer
8 Klafter Brennholz.
Trotz dieser Hilfe gab es Unzufriedene, weil 1793 -1794 einige Familien
nach Bencsek übersiedelten.
Von nun an entwickelte sich unsere Gemeinde stetig. Im Jahre 1809
zählte man schon 1068 Einwoh-ner. Also hatte sich die Bevölkerung
seit der Gründung der Gemeinde vor 20 Jahren verdoppelt. Trotzdem
eigentlich dieselbe fortwährend von Schicksalsschlägen
heimgesucht wurde. So war 1795 ein Hungerjahr infolge der schlechten
Ernte im vorhergegangenen Jahr. Zugleich herrschte in der Gegend
eine Blattern-Epidemie. Im Jahre 1800 brannten infolge von Blitzschlag
34 Häuser ab. In den Jahren 1801 bis 1810 waren die Sicherheitszustände
sehr mangelhaft. Öfter wurden einzelne Bewohner von rumänischen
Räuberbanden ihrer Barschaft beraubt. Im Jahre 1813 vernichtete
Hagelschlag die Saaten. Endlich litt die Gemarkung in den Jahren
1813, 1814, 1815 und 1816, besonders 1814 sehr viel durch Überschwemmungen.
Als im Oktober 1804 Peter Malenitza in den Besitz der Groß-Gajer
Herrschaft eingeführt wurde, nahmen an dieser Amtshandlung
als Nachbarn und Zeugen aus Zichydorf Michael Fritz, Richter, und
Andreas Achtzehner und Michael Putra, Geschworene, teil.
1808 -1810 bekleidete Josef Pergel das Richteramt.
Die ganze Zeit hindurch amtierte Reisch als Pfarrer. Dieser starb
am 23. Feber 1814, nachdem er ein Vierteljahrhundert seine Gemeinde
gewissenhaft betreut hatte. Nachdem hernach Tomas Siposs kurze Zeit
als Administrator gewirkt hatte, begann am 18. April Georg Szivy
als neuer Pfarrer seine Amtstätigkeit.
Schon im Jahre 1802 war das Einkommen des Zichydorfer Pfarrers 407
Rheinische Gulden, was im Verhältnis zu den übrigen r.-kath.
Pfarren der Werschetzer Gegend viel war. Dafür mußte
der Pfarrer zum Seminär- und Defizienten-Fond der Csanader
Diözese einen Beitrag von 16 fl. 28 kr. leisten. Auch hatte
der Pfarrer 1805 61 fl. 03 kr. als Beitrag zur Insurrektion abzuliefern.
In der Pfarre wurde von der Kammer als Patronatsherr, weil sich
schon die Notwendigkeit fühlbar machte, im Jahre 1806 ein neues
Pfarrhaus und in den Jahren 1806 - 1813 eine neue Kirche erbaut.
Vollendet wurde sie dann am Anfange der Wirksamkeit des Pfarrers
Szivy. Nämlich im Jahre 1816 fertigte der Bildhauer Michael
Radisawljewitsch um 900 fl. W. W. den Hauptaltar an und malte der
Maler Peter (?) um 2. 390 fl. W. W. die Kirche aus.
An der Schule wirkte 1791 - 1792 Georg Hadal als Lehrer, und im
Juli 1809 wird uns Johann Weber als "Ludirector" genannt.
So stieg langsam bis 1818 die Bevölkerung des Ortes auf 1271
Seelen, wovon 1140 r.-kath., 125 gr.orthod. und 6 protestantischen
Glaubensbekennt-nisses waren. Damals gehörten zur r.-kath.
Pfarre als Filialen Margita und (seit 1816) Ürmenyhaza.
III. Zichydorf Marktflecken
1819-1876
Die erfreuliche Entwicklung des Ortes und die numerische
Erstarkung der Bevölkerung zeitigten bald schöne Früchte.
Am 5. März 1819 wurde Zichydorf zu einem "Marktflecken"
erhoben, das heißt, erhielt das Privilegium, die "Gerechtigkeit",
zwei Jahrmärkte, am 4. April und am 15. Oktober abhalten zu
dürfen.
Dafür drohte der Gemeinde bald in anderer Hinsicht eine Gefahr.
Sie sollte den Grundherrn wechseln. Gegen Ende des dritten Jahrzehntes
entschloss sich die Kammer, die Ortschaften der Werschetzer Gegend,
deren Naturalzehend zur Verpflegung des banater Grubengebietes diente,
an Private zu veräußern. Zu diesem Zwecke wurde 1828
die Schätzungsaufnahme der Gemeinde bewirkt. Im Jahre 1837
war der Schätzungsbetrag Zichydorfs 84.429 fl. Conventions-Münze.
Doch es kam zu keinem Verkauf.
Im 5. Jahrzehnt waren zwischen den Kameralgründen ackerbare
Ausschnitte. Diese - 775 Joch 263 qm - verpachtete man 1843 auf
3 Jahre.
Der Name der Ortschaft verblieb im 1. Viertel des XIX. Jahrhunderts
noch Zichydorf; im 2. Viertel bis 1848 wurde die madjarische Form
„Zichyhaza“ gebraucht.
Marktrichter waren: 1834: Philipp Pergl, 1839: Kaspar Glaser, 1847:
Jakob Knapp, 1848: Nikolaus Auer. Notar: 1839 - 1847: Heinrich Heich.
In der Pfarre trat die Änderung ein, daß Georg Szivy
am 10. Juli 1834 starb und, nach einer kürzeren Administration
der Pfarre durch Paul Dreskay noch im November desselben Jahres
Josef Martinsky die Pfarragenden übernahm.
Im Jahre 1838 wurde von der Gemeinde im Friedhofe eine dem hl. Dominik
geweihte Kapelle im klassizistischen Stile erbaut.
In den Jahren 1823 und 1830 spendete Bischof Ladislaus von Kößeghy
das hl. Sakrament der Firmung in der Gemeinde.
Im Jahre 1834 erhielt die Kirche zwei von Mathias Löhner in
Temesvar gegossene Glocken. Die eine wog 904 und die andere 470
Pfund. Ihre Kosten betrugen 2.713 fl. 40 Kr. W. W., wovon 1.500
fl. die Gemeinde deckte, und die übrigen 1.213 fl. 40 Kr. durch
eine Sammlung hereingebracht wurden.
Über die Schule erzählen uns jetzt schon mehr Nachrichten.
1835 hieß der Lehrer Peter Boden und hatte derselbe nicht
weniger als 192 Schüler. Boden ist in Neu-Beschenowa geboren,
beendete in seinem 17. Lebensjahre in Temesvar die Präparandie
und erhielt seine erste Anstellung in Csanad. Am 1. Jänner
1837 wurde eine zweite Klasse errichtet und kam hierher als zweiter
Lehrer Jakob Gräbldinger. Doch schon 1839 erhielt hier auch
als Lehrer Verwendung Michael Wiener, welcher 1822 in Pardany geboren,
vom 1. Oktober 1838 bis 1. August 1839 in Temesvar den Normal-Kurs
besucht hatte.
Um sich vor der ständigen Wassergefahr zu schützen, griffen
unsere Bewohner zur Selbsthilfe, und ihr lobenswertes Beginnen wurde
auch von Erfolg gekrönt. Nachdem in den Jahren 1833 und 1834
die Gemarkung wieder Wasserschaden gelitten hatte, zogen die Einwohner
einen 1 Meile langen und 2 – 3° breiten Kanal, der das
Wasser in den Werschetz-Alibunarer Sumpf ableitete. Überdies
verlegten sie 13 Wohnhäuser höher gegen die Bahn.
Nachdem im Jahre 1828 1414 r.-kath., 51 gr.-orthod., zusammen 1465,
1838 1577 r.-kath. und 32 gr.-orthod, zusammen 1609 Bewohner gezählt
worden waren, ergab eine Konskription im Jahre 1848 genau 2000 Seelen,
wovon 1949 r.-kath., 42 gr.-orthod., 3 evang. und 6 israelitischer
Religion waren. In letzterem Jahre gehörten zur r.-kath. Pfarre
als Filialen: Margita, Sent-Janos, Ürmenyhaza, Bioseg Prädium,
Jozsef-falva und Zöldes.
Dabei hatte der Ort noch manche Prüfung zu bestehen. 1836,
1849 und 1873 grassierte Cholera in der Gemeinde, und in den Jahren
1846 und 1847 herrschte eine Hungersnot.
Und nun folgte wieder eine „schwere Zeit“, die Jahre
1848 und 1849, zwei Jahre großer Aufregung.
Am 30. Mai wurde der Ujpecser Oberstuhlrichter-Bezirk, zu dem Zichydorf
seit Anbeginn gehörte, in 3 Stuhlrichterbezirke geteilt und
einer davon nach Zichydorf benannt.
Am 16. Mai wurden vom Komitate die Wahlkreise, darunter auch Zichydorf,
bestimmt. Im Juni 1848 war in Zichydorf die erste Wahl eines Abgeordneten
in den für 2. Juli 1848 nach Budapest einberufenen ungarischen
Landtag. Gewählt wurde Paul von Daniel, I. Komitats-Vizenotär.
Bald erschreckte unsere friedlichen Bewohner auch kriegerischer
Lärm. Ende Juni legte Oberstuhlrichter Stefan v. Damaskin Ulanen
nach Zichydorf, welche am 1. Juli bei Szent-Mihaly in Aktion traten,
wobei ihr Rittmeister Graf Max d'Orsay fiel, der erste Offizier
in diesem Kriege, dessen Leiche im Zichydorfer Friedhofe beerdigt
wurde. Die Besatzung des Ortes wurde hierauf verstärkt. So
rückten am 3. Juli aus Bogaros 29 Nationalgardisten in das
hiesige Lager ein. An demselben Tage beschloss auch das Torontaler-Komitat
in Zichydorf mit Heimatgarden ein Lager zu errichten und betraute
mit dessen Kommando Stefan v. Karacson.
Am 7. Oktober griffen die Serben, welche ihr Lager in Alibunar hatten,
das Dorf an, welches jedoch von 600 Nationalgardisten mit Erfolg
verteidigt wurde.
Anfangs Dezember war hier Major Gergely. Dieser nahm am 12. mit
2 Bataillonen, 1 Eskadron und 3 Kanonen teil am ungarischen Angriffe
auf Alibunar.
Am 29. Dezember schlug General Kiß sein Hauptquartier in Zichydorf
auf und unternahm von hier aus mit 3 Kolonnen den Angriff auf Pancevo,
das Hauptlager der Serben.
Im Winter 1848-1849 befand sich in Zichydorf ein ungarisches Kriegsspital.
Am 18. Jänner 1849 wurde Zichydorf von den Ungarn verlassen
und von den Serben unter Gren-zerhauptmann Kling besetzt. Manche
Zichydorfer, welche sich für die Ungarn zu sehr engagiert hatten,
zogen mit den Ungarn. So verließ auch Pfarrer Martinsky seine
Pfarre. Am 20. morgens schlug sich über unseren Ort die abziehende
Weißkirchner ungarische Garnison mit ihrem kranken Führer
Maderspach gegen Hatzfeld durch.
Vom (beil.) 5. Mai bis (beil.) 10. August war unser Ort wieder von
den Ungarn besetzt, worauf wieder die Kaiserlichen folgten.
In der Zeit von 1849 bis 1861, als das österreichische Kronland
mit deutscher Amtssprache "Temeser-Banat und Wojwodschaft Serbien"
existierte, amtierte statt des Zichyhazaer Stuhlrichteramtes ein
"k. k. Zi-chydorfer Bezirks-Kommissariat". Im Jahre 1854
hieß der Kommissär Marsovßky und wohnte in Gross-Gaj.
Damals wurde die Benützung des deutschen Ortsnamens wieder
eingeführt.
Im Jahre 1854 dehnte sich die Gemarkung auf 7847 Joche aus, wovon
1309 Joche dem Kameral-Ärar gehörten. Die Einwohnerzahl
betrug 2037 Seelen. Der Notar hieß Johann Blasy (der übrigens
1850 - 1860 amtierte) und der Marktvorstand: 1854: Franz Günter,
1859: August Schümichen, 1860: Andreas Wosching. 1857 zählte
man schon 2492 Einwohner.
Im Jahre 1850 verloren die Zihydorfer ihren Pfarrer Josef Matiaßky,
welcher 17 Jahre die Seelsorge versah. Dieser wurde 1800 geboren
und 1821 zum Priester geweiht, 1824 Vize-Notär des Konsistoriums,
1825 Präbendarius und Domprediger. 1827 kam er als Pfarrer
nach Kudritz, wo er 1831 surr. Vize-Dechant und Distrikts-Schulinspektor
wurde. In derselben Eigenschaft kam er 1833 nach Zichydorf, wo er
1845 Konsistorialrat wurde. 1850 erhielt er die Stelle eines Pfarrers
und Vize-Dechanten in Lippa. 1851 wurde er zum Domherrn, 1857 zum
Diözesan-Schulinspektor und 1872 zum Groß-Propst ernannt.
Er starb 1878.
Nachdem vom 1. September 1850 bis 1. März 1851 Anton Hatz die
Pfarre administriert hatte, bekam die Pfarre abermals einen hervorragenden
Priester zum Seelsorger. Es war dies Anton Body. Dieser war 1804
in Segedin geboren, hatte in Budapest Theologie studiert und wurde
1827 zum Priester geweiht. 1828 war er stellv. Theologie-Professor,
Protokollist, Konsistorialrat, Vize-Sekretär, 1831 Seged-Rokuser
Pfarrer, 1833 Pfarrer und Dechant in Karansebes, 1849 Groß-Wardeiner
Ober-Direktor. Im Feber 1851 wurde er zum Zichydorfer Pfarrer, 1859
zum Erzdechant, 1867 Makoer Pfarrer, endlich zum Titular-Domherrn
ernannt. Er starb 1884.
Nach ihm war 1868 - 1880 Stefan Papp rk. Pfarrer.
Am Anfange dieses Zeitabschnittes, im Jahre 1852, finden wir den
ersten Kaplan in Verwendung. Er hieß Johann Oßeczky.
In der Schule unterrichteten: Seit 1850 Jakob Gräbldinger und
Josef Schwanfelder. Jener war in Albrechtsflor geboren und besuchte
in seinem 18. Lebensjahre vom 1.März bis 26. Juli 1833 in Temesvar
den "Normal-Kurs"; dieser wieder war in Szent-Hubert geboren
und besuchte, 17 Jahre alt, vom 2.Okt. 1840 bis 17.Aug. 1841 in
Temesvar denselben Kurs. 1853 taucht als Unterlehrer August Schümichen
auf. 1850 gab es 435 Schulpflichtige und 274 schulbesuchende Kinder.
Erwähnt sei, daß es damals in Zichydorf ein Spital gab.
Dieses wurde durch die Provinzialbehörde ins Leben gerufen.
Die Ortsgemeinden Zichydorf, Margita, Sent-Janos, Ürmenyhaza,
Hajduschitza, Ba-ratshaza und Györgyhaza bildeten zusammen
die Sanitätsgemeinde Zichydorf. 1854 - 1860 hieß der
Zichydorfer Gemeindearzt Kaspar Nedopil. 1859 waren in diesem Krankenhaus
15 Kranke, 1861 hörte es auf.
In den Fünfzigerjahren gab es schon ein bescheidenes Vereinsleben.
Es existierte nämlich damals (vielleicht auch schon früher)
ein Schützenkorps. Kommandanten waren: Michael Steinbrückner
und Franz Günther.
Dann bestand auch ein Gesangverein, vornehmlich für Kirchengesang,
dessen Chormeister Jakob Gräbldinger war, der auch ein Kirchenliederbuch
in Druck herausgab.
Am 4. Feber 1861 wurde die alte (ungarische) Ordnung wieder eingeführt
und vom Torontaler Komitat gewählt: zum Stuhlrichter Simeon
v. Laß-loffy, zum Jurassor Andreas Adamovics und zum Sicherheitskommissär
Johann Tapavicza. Hernach wurde am 26. März im Zichydorfer
Wahlbezirk abermals Paul v. Daniel zum Landtagsabgeordneten gewählt.
Dies dauerte bis 24. Oktober, als ein Provisorium folgte und Banlak
zum Sitz des Stuhlrichters bestimmt wurde, was vermutlich dem Umstande,
daß dort die Kurie der angesehenen Karacsonys war, zuzuschreiben
ist.
Von den Richtern dieser Zeit sind uns bekannt: 1865 Adam Faul, 1866:
Friedrich Wosching, 1867: Josef Parmansche, 1868: Jakob Parmansche,
1869: Mar-tin Froh, 1870: Andreas Niedermayer, 1873: Friedrich Wosching,
1874: M. Wagner.
In jener Periode (1865 - 1872) ist Julius Wetschel, hernach (1873
- 1880) Heinrich Heich Notär.
1872 und 1875 wurde Paul v. Daniel wiederholt zum Reichstagsabgeordneten
gewählt.
Im Jahre 1865 gab es in Zichydorf 2 Groß- und 297 Kleingrundbesitzer.
Der Flächenraum der Gemarkung war 7 834 Joche, hiervon entfielen
auf Ackerfeld 4579 Joche, auf Wiesen 175 Joche, auf Weiden 1549
Joche, auf Gärten 67 Joche und auf unproduktives Terrain 364
Joche. Der reine Ertrag wurde auf 52 789 fl. 43 Kr. geschätzt.
Die Puste Bioseg war damals abgesondert.
1866 erhielt Zichydorf die Post. Dieselbe manipulierte Notär
Wetschel, welcher anfangs nur Postexpedient war, 1872 aber schon
als wirklicher Postmeister amtierte. 1873 und weiter bekleidete
die Postmeisterstelle Georg Debert.
1865 wurde durch Friedrich und Georg Wosching und Matthias Wagner
die erste Dreschmaschine in die Gemeinde gebracht.
1867 wurde die erste Dampfmühle von Friedrich und Georg Wosching,
Matthias Wagner und Adam Singer errichtet.
Über den Stand des Kleingewerbes im Ort berichten nachstehende
Daten: Im Jahre 1867 gab es hier: 4 Krämer und 30 Handwerker,
und zw. 2 Barbiere, 2 Binder, 2 Fleischhauer, 1 Gastwirt, 1 Glaser,
1 Kammacher, 1 Lebzelter, 2 Schlosser, 5 Schmiede, 4 Schneider,
2 Schuhmacher, 1 Seiler, 3 Tischler, 2 Wagner, 1 Zimmermann und
1 Ziegelschläger.
1864 wurde die Apotheke errichtet. Erster Apotheker bis 1873 war
Ladislaus Rozsa, bis 1875 Franz Tellery, 1875 - 1884 Josef Bundy.
Im Jahre 1869 hatte unser Ort 2 937 Seelen.
In dieser Zeit ist das Streben nach Vereinsleben das erste Mal stärker
wahrnehmbar. Im Frühjahr 1868 regten die Lehrer Jakob Gräbldinger
und J. A. Schümichen die Gründung eines "Volks-Lesevereins"
an und gelang es auch ihren Bemühungen, den Verein zustande
zu bringen. Am 19. April konstituierte sich derselbe mit 30 Mitgliedern
und wählte den Pfarrer Popp zum Präses.
Als sich im Dezember 1868 in Temesvar der Banater Lehrerverein konstituierte,
wurde zur Inslebenrufung des Uj-Pecser Zweigvereines Jakob Gräbldinger
als Obmann entsendet. Dieser Verein hielt in der Folge mehrmals
in Zichydorf seine Versammlungen ab und bekleideten in demselben
1870 – 1871, 1873 – 1877: Jakob Schümichen und
1877 – 1881: Matthias Deutsch die Obmannstelle
An Stelle des bald eingegangenen Volks-Lesevereins entstand 1872
"zur Förderung der Bildung" ein Kasino- und Leseverein,
der 1878 75 gründende, 4 unterstützende und 70 ordentliche
Mitglieder zählte.
In den Jahren 1866 bis 1870 war Kommandant des 80 Mann starken Schützenkorps:
Adam Faul (Nothof). Jetzt trug die Mannschaft rote Tschakos.
Im Jahre 1869 wurde ein neues Schulhaus erbaut, 1870 die Schule
mit eine Lehrkraft vermehrt. 1870 ging Jakob Gräbldinger ab.
An seine Stelle trat August Schümichens Sohn Jakob und dazu
kam Franz Steinbrückner und 1873 an dessen Stelle Nikolaus
Deutsch. Damals wirkte auch Ludwig Wißkocsill.
Mit der Durchführung des ung. Schulgesetzes vom Jahre 1868
wurde im Jahre 1869 die Zichydorfer Volksschule zu einer Kommunalschule
erklärt, um nach einem Jahre wieder in eine konfessionelle
umgewandelt zu werden. Dies ging so zu: Die Lehrer Gräbldinger
und Steinbrückner wollten als Gemeindelehrer beim Religionsunterricht
nicht mittun. Die Gemeinde erklärte nun die Schule für
konfessionell und enthob die sonst guten Lehrkräfte. Später
wurden die beiden Lehrer Schümichen Vater und Sohn wegen verschiedener
Klagen suspendiert. Es tobte damals überhaupt ein böser
Kampf um die Schule, dessen Kosten am Ende die Lehrer trugen. Nachdem
infolge des konfessionellen Charakters die Schule einen großen
Betrag von dem gesetzlich begründeten 5%-igen Schulbeitrage
einbüßte, griff man wieder zur Gemeindeschule zurück.
Über Anordnung des Torontalers Schulinspektors Anton Steinbach
hielt man am 24. Mai 1877 eine Volksversammlung ab, in welcher fast
einstimmig ausgesprochen wurde, es sei dahin zu streben, die gegenwärtige
konfessionelle Schule wieder in eine Kommunalschule umzuwandeln.
Erst gegen 1880 beruhigten sich die lange genug in Aufregung gewesenen
Gemüter.
IV. Zichyfalva Großgemeinde
1876-1918
Durch das Gemeindegesetz vom Jahre 1876 erhielt
Zichyfalva den Rang einer Großgemeinde, weil es allein einen
Notar erhalten konnte.
Im Jahre 1885 wurden die Regalien und die Dominalfelder von der
Gemeinde um 19.900 fl. erwor-ben. Dieses Jahr waren deshalb die
Gemeindeumlagen 51 1/2 %.
Im Jahre 1885 war der Vermögensstand der Gemeinde folgender:
394 Joch 441 qm. Äcker und 2 Joch 960 qm. Gärten, zusammen
396 Joche 1401 quatr. mit einem Reingewinn von 1.808 fl. 18 Kr.
Schätzungswert ...54.050 fl.
Mobilien.................1.991 fl.
Regalien.................6.100 fl.
Zusammen............62.141 fl. kr. Aktiva,
Lasten...................11.851 fl. 45 ½ kr. Passiva
Reinvermögen....... 50.290 fl. 45 ½ kr.
Im Jahre 1886 war im Gemeindehaushalt präliminiert: Bedürfnis:
3.294 fl. 17 kr. und Deckung 395 fl. 13 kr. Zur Deckung des Mangels
von 2.899 fl. 4 kr. wurden nach 16.742 fl. 25 kr. Staatssteuern
17 % Gemeindeumlagen ausgeworfen.
Im Jahre 1884 wurde das Notariat verpflichtet, eine Hilfsnotarstelle
mit 360 fl. Jahresgehalt einzurichten. 1885 liefen im Notariat 1945
Aktenstücke ein.
Im Jahr2 1885 wurde die Gendarmeriewachstation errichtet.
1883 war Matthias Wagner auf Grund seiner Staatssteuer von 825 fl.
Komitatsvirilist.
Im Jahre 1888 wurde ein neues Gemeindehaus erbaut und 1908 das heutige.
Seit 1884 hatte den Posten des Notars Josef Anheuer und später
(1892 - 1913) Josef Martin inne, der danach nach Amerika auswanderte.
1913 wurde Franz Kleitsch Notar.
Richter waren: 1876 Johann Gratenthaler, 1878: Sebastian Fraß,
1879: Georg Wosching, 1884 bis 1886: Jakob Wagner, 1886 –
93: Michael Jasper, 1893? 94: Friedrich Wosching, 1894 – 1896:
Georg Fraß, 1896 – 1899: Konrad Debert, 1899 –
1902: Johann Hermann. Vor 1918 bekleideten das Richteramt: Adam
Schwarz, Jakob Günther, Nikolaus Maly, Ladislaus Gerhard und
Michael Nehr.
Die Reichstagsabgeordneten dieser Periode waren: 1881, 1885, 1892:
Paul v. Daniel, 1895: Ladislaus v. Daniel, Vizegespann, 1896, 1901,
1905, 1906 und 1910: Graf Eugen v. Karatsony, Gutsbesitzer.
Aufsehen erregte seinerzeit in der Öffentlichkeit, wie 1901
die Partei des Ladislaus v. Daniel die Wahl des Grafen Eugen v.
Karatsony anfocht. Die Kurie übertrug die Untersuchung der
Segediner k. Tafel, welche nicht weniger als 2005 Zeugen und bei
750 Kläger hätte verhören sollen, was mit Tholmetsch
300 Tage in Anspruch genommen hätte. Man erzählte von
zur Bestechung der Wähler verwendeten horrenden Geldsummen
und von unerhörten Wahlmissbräuchen.
Und nun wollen wir das Resultat der verschiedenen Volkszählungen
und aufgrund derselben die Volksbewegung im Orte betrachten. Im
Jahre 1880 ergab die Volkszählung Folgendes: 427: Häuser,
Be-wohner: 2636. Hiervon waren der Sprache nach 2337 Deutsche, 120
Madjaren, 15 Serben, 29 Rumänen, 3 Slowaken, 7 Anderssprachige
3 auslandssprachige und 122 noch nicht sprechen Könnende. Der
Religion nach waren 2538 rk., 62 gr.-orth., 17 israel., 7 ev. und
12 reformierte Gläubige. Lesen und schreiben konnten 1121.
Die Volkszählung vom Jahre 1890 ergab 3 128 Seelen.
Im Jahre 1900 ergab sich folgendes Resultat: Gebiet: 8819 Joche,
Häuser: 520, Einwohner: 3196, wovon 1585 männlichen und
1611 weiblichen Geschlechts waren und 1749 ledig, 1259 verheiratet
und 188 verwitwet. Der Sprache nach waren: Deutsche 2763, Madjaren:
277, Rumänen: 67, Slowaken: 32, Serben: 27 und Andere 29. Der
Religion nach gab es: 3022 rk., 31 gr.-kath., 75 gr.-orth. 50 ref.,
20 israel., 7 evang., 1 Andersgläubiger. Lesen und schreiben
konnten 498.
Am 1. Januar 19 10 war das Ortsgebiet: 8819 Joch groß, und
zählte man im Orte 569 Wohnhäuser mit 2846 Zivil- und
5 Militärbewohnern. Nach der Sprache gab es: 2464 Deutsche,
286 Madjaren, 27 Rumänen, 25 Slowaken, 15 Serben, 4 Kroaten
und 30 anderer Nationalität (zumeist Zigeuner). Hinsichtlich
des Glaubensbekenntnisses waren 2647 rk., 3 gr. kath., 93 evang.,
53 reform., 55 gr.-orth., 8 israel. und 12 ande-rer Religion. 1871
Einwohner konnten lesen und schreiben.
Die Beschäftigung der Bewohner ist hauptsächlich Feldbau.
Nicht uninteressant ist das Resultat der landwirtschaftlichen Zählung
im Jahre 1895. Damals gab es im Orte 366 Ökonomien, 6119 Joch
Ackerfeld, 297 Joch Gärten, 938 Joch Wiesen, 19 Joch neu angesetzte
Weingärten, 51 Joch von der Phylloxera zerstörte und brachliegende
Weingärten, 1206 Joch Weiden und überdies 477 Joch unproduktiven
Boden. Es wurden gezählt: 4 455 Stück Obstbäume,
1161 Stück Rindvieh, 847 Pferde, 1 Maultier, 1 Ziege, 3982
Schweine, 9 Schafe, 7644 Stück Geflügel und 259 Bienenkörbe.
Groß-Ökonomen gab es sieben. Eigentümlich besaßen:
Graf Kamillo Karatsony 2292 Joch, Jakob Wagner und Frau in 2 Ortschaften
700 Joch, Nikolaus Maly in 3 Ortschaften 317 Joch, Konrad Debert
136 Joch, Josef Stupprich in 2 Ortschaften 109 Joch, Johann Hermann
bewirtschaftete 169 Joch eigenes und vom Grafen Karatsony und Matth.
Wagner gepachtetes Feld, so auch Johann Noll 116 Joch eigenes und
von Peter Rieger gepachtetes Feld. Es besaßen also sieben
Besitzer nicht weniger als 3839 Joche.
Aber auch über die Gemarkung hinaus ging das Bestreben einzelner,
Grund zu erwerben. Als 1848 das Malenitza'sche Groß-Gajer
Gut zur Veräußerung gelangte, kaufte dorft zuerst Georg
Wosching einen Teil. Diesem folgte dann Michael Blaskovics und endlich
Matthias Wagner. 1895 besaßen Georg Wosching und Frau 699
Joch und Michael Blaskovics 503 Joch. 1905 besaß Georg Wosching
760 Joch, Michael Blaskovics 540 Joch, Matthias Wagner 670 Joch,
also zusammen über 2000 Joch. Um 1913 erwarb Wosching den Besitz
von Blaskovics und hatte dann alleine über 1000 Joch, wodurch
er zum größten Grundbesitzer unter den Zichydorfern aufstieg.
Zu verschiedenen Zeiten entstanden Gesellschaften, die in der Nachbarschaft
größere Grundkomplexe pachteten. So pachteten 1860 Andreas
Rieger, Konrad Debert, Peter Hemert, Adam Faul und Anton Rist die
Puste Seldosch auf der Velika-Greda. 1864 nahmen Friedrich und Georg
Wosching, Matthias Wagner und Adam Singer ein größeres
Stück der Helene v. Malenitza in Kein-Gaj in Pacht. Eine dritte
Gesellschaft, bestehend aus dem Notar Martin, Michael Wagner u.
a. pachtete die Sent-Janoscher Kameralpuste. Eine vierte pachtete
1904 - 1910 vom Grafen Karatsony 300 Joche. Diese Gesellschaft bestand
aus Friedrich Wosching, Jakob Merle und Michael Hasenfratz.
Hier sei erwähnt, daß man hier, als man in den achtziger
Jahren die Seidenzucht wieder einführte, erst 1889 damit begann,
als 9 Familien 131 kg Kokons erzeugten. Doch wurde sie nie von Bedeutung.
Seit 1900 sind Simmentaler Stiere in Verwendung.
Im Jahre 1901 bildete sich eine Milchgenossenschaft mit 120 Mitgliedern,
die 244 Anteile (Kühe) besaß und eine Einnahme von 20.200
Kronen erzielte.
Die Entwicklung des Kleingewerbes zeigen nachstehende Zahlen: Im
Jahre 1889 zählte man 6 Kaufleute und 84 Handwerker. Im Jahre
1906 aber gab es schon 18 Handelsleute und 93 Gewerbetreibende.
Industrieunternehmungen entstanden auch schon. 1881 hatte die Dampfmühle
mit der Firma Matthias Wagner & Komp. eine Produktionsfähigkeit
von 6000 Meterzentnern. Um 1894 hatte die Van Royen'sche Holländische
Kolonie eine landwirtschaftliche Brennerei im Betrieb und erzeugte
Eidamer Käse. 1899 wurde der Georg Wosching & Nikolaus
Maly´sche Ringziegelofen in Betrieb gesetzt.
Auch Geldinstitute entstanden. Das erste, die "Zichyfalvaer-Szent-Mihalyer
Volksbank" ging 1883 ein.
Dafür wurde 1883 gegründet die "Zichydorfer Volksbank
als Genossenschaft“. Diese hatte damals 3.085 fl. Kapital
nach Anteilen und 5.929 fl. Einlagen. Doch hörte auch diese
bald auf. Aus ihr entstand im Jahre 1890 die "Zichydorfer Sparkasse
AG" mit 400 Aktien zu 100 Kronen = 40.000 Kronen Stammkapital.
Das Aktienkapital wurde 1910 auf 260.000 Kronen und 1912 auf 350.000
Kronen erhöht. Ende 1916 war der Reservefonds 209.160 Kronen,
die Einlagen 585.162 Kronen und der Reingewinn 26.972 Kronen. Den
Direktorposten bekleidete Michael Wagner, den des Vizedirektors
Michael Jasper. Direktionsräte waren: Michael Nehr, Johann
Müller, Konrad Noll, Josef Schleicher, Simon Schneider, Jakob
Merle, Johann Vogel, Heinrich Sator, Nikolaus Maly, Nikolaus Feiling,
Peter Schleicher. Aufsichtsräte waren: Michael Ulrich, Jakob
Günther, Peter Heinermann. Anwälte Dr. Ludwig Ernst und
Dr. Jakob Kis, Buchhalter: Demeter Demetrovic. Kassier: Michael
Jasper d. J. Direktoren waren: 1883: Matthias Wagner, 1899: Andreas
Wagner, 1912: Michael Wagner.
1893 wurde gegründet der "Zichydorfer Spar- und Kreditverein"
als AG mit 500 Aktien zu 100 Kronen. Statutengenehmigung: 5. März
1893. Das Aktienkapital wurde 1910 auf 260.000 Kronen erhöht.
Ende 1916 war der Reservefond: 122.000 Kronen, die Einlagen: 1,309.825
Kronen und der Reingewinn: 33.569 Kronen. Direktor war Georg J.
Wosching. Direktionsräte: Konrad Debert, Jakob Altmayer, Adam
Amon, Heinrich Amon, Konrad Debert d. J., Georg Fraß, Michael
Hasenfratz, Nikolaus Maly, Johann Noll, Andreas Rieger, Christian
Rißt, Johann Debert, Johann L. Wosching. Als Aufsichtsräte
fungierten Johann Giel (Präses), Johann Schell, Wendelin Varady,
Friedrich Wosching. Anwälte: Dr. Karl Haller und Dr. Ludwig
Korsos. Buchhalter: Alexander Scher und Kassier: Heinrich Amon.
Direktoren waren: 1893: Georg Wosching, 1902: Georg J. Wosching.
Im Jahre 1898 entstand die "Zichydorfer Kredit-Genossenschaft
als Mitglied der Lades-Zentralge-nossenschaft“. Diese wurde
von Michael Müller und Josef Wosching für Zichydorf und
Györgyhaza ins Leben gerufen. Das erste Jahr hatte sie 486
Mitglieder mit 975 Anteilen in Werte von 48.750 Kronen, worauf 44.300
Kronen eingezahlt waren. Der Reservefonds betrug 1.100 Kronen. Direktoren
waren 1898: Jakob Günther, 1905: Michael Müller, 1911:
Josef Wosching.
Nach dem Ausbau der Torontaler Lokalbahn wurde auch unser Ort in
den Weltverkehr einbezogen, und zwar als man die Linie Beckerek-
Werschetz projektierte. Schon 1885 votierte hierzu die Gemeinde
25.000 fl. Am 4. Mai 1889 wurde mit der Eisenbahnlinie Beckerek-Setschan-Margita
die Zichydorfer Station eröffnet, aber, da es noch ein Zichyfalva
im Stuhlweißenburgen Komitat gibt, wurde die Station Uj-Zichyfalva
benannt. Bald nachher, als am 14. Juli 1891 die Teilstrecke Margita-Vrsac
dem Verkehr übergeben wurde, erhielt auch die Laudontanya eine
Station.
Es gab noch einige andere Projekte. So erwarb 1897 die Torontaler
Lokaleisenbahngesellschaft die Konzession für eine Linie Zichydorf-Seleusch-Petrovoselo.
Nach 1900 waren die Pläne zweier neu zu erbauender Eisenbahnlinien
in Verhandlung, und zwar Zichyfalva-Denta 19,2 km und Detta-Zichyfalva-Alibunar
47,7 km. Dieselben wurden sogar bis 1904 schon administrativ begangen,
kamen jedoch nicht zu Stande.
Im Jahre 1886 war der Marktverkehr 4000 Metzen Weizen, zu 8 fl.,
50 Metzen Gerste zu 4 fl., 50 Metzen Korn zu 6 fl., 1000 Metzen
Hafer zu 5 fl., 2000 Metzen Kukuruz zu 5 fl.
Auf der Post war dasselbe Jahr ein Anweisungsverkehr von 62.454
fl. 18 kr. von außen und 1.475 fl. 59 kr. nach außen.
In der Postsparkasse gab es 156 fl. 30 kr. Einlagen und keine Rückzahlung.
1884 dankte Postmeister Lazar Klein, welcher seit 1880 amtierte,
ab und übernahm seinen Posten Ladislaus Siprak. 1918 - 1922
führte Johanna Mayering die Post.
Mit der Eisenbahn kam der Telegraph und 1895, als das Komitats-Telefonnetz
ausgebaut wurde, erhielt Zichydorf im Notariat eine Telefonstation.
Auch die Gesundheitsverhältnisse wurden gehoben, indem man
gutes Trinkwasser herschaffte und so das hier herrschende Fieber
energisch und mit Erfolg bekämpfte. Zur Verbesserung des Trinkwassers
und zu gewerblichen Zwecken fing man im Jahre 1886 an, artesische
Brunnen zu bohren. Den ersten bohrte damals die Werschetzer Firma
Val. Nerkomm's Söhne im Hofe der Dampfmühle Mathias Wagner
& Komp., dann wurden bis 1896 noch 28 Brunnen gebohrt, und zwar
zumeist von den Zichydorfer Einwohnern Michael Spieß, Josef
Rößlein und Jakob Schreiner, welche das Bohren gewerbsmäßig
betrieben. Die Bohrlöcher sind 27 bis 54 m tief. Infolge der
großen Wasserverschwendung ließ der Ausfluss nach, ja,
es versiegte sogar 1894 der erste Brunnen.
Im Jahre 1889 ist der Chirurg Franz Fritz mit einem Jahresgehalte
von 500 fl. Gemeindearzt, 1883 Dr. Leopold Hoffe, 1884 Dr. Josef
Elefand. 1884 wurde die Apotheke von K. Mayering erpachtet, 1906
bis 1908 von Prodan. 1908 bis heute heißt der Apotheker Alexander
Schiller (1921 -23 Nikolaus Penkovic, Pächter).
Im Jahre 1909 fingen die Brüder Andreas, Mathias und Michael
Wagner in ihrer Dampfmühle an, elektrisches Licht zu erzeugen
und an andere abzugeben.
Am 24. Feber 1897 wurde der stärkste Verein, der Leichenbestattungsverein,
mit 120 Mitgliedern gegründet, der Leichenwagen und Fahne schon
am 5. April 1897 anschaffte. Dessen Gründer waren: Josef Pinsenberger,
Josef Prunkl, August Demele, Johann Portscheller, Anton Bilo, Martin
Fiak und Heinrich Schütz d. Ältere. Bis zum Dezember 1924
ist die Zahl seiner Mitglieder auf 1682 angewachsen.
Um 1900 legte Richter Johann Hermann den Park um die Kirche an.
In der kath. Pfarre haben wir manchen Personalwechsel aufzuzeichnen.
Nach dem Pfarrer Stefan Papp folgte von 1881 bis 1899 Siegmund Rothmayer,
welcher in Oravitza geboren, 1862 geweiht, 1869 Pfarrer in Bulcs
wurde. Unter ihm, im Jahre 1888 erhielt die Kirche eine neue innere
Einrichtung, wozu der damalige Csanader Bischof Alexander Bonnaz
sowie auch Sammlungen die Mittel boten. In Zichydorf wirkte er beinahe
zwei Jahrzehnte und erhielt am 15. Feber 1899 die Pfarre von Reschitza.
Am selben Tage wurde an seine Stelle Ferdinand Löschardt ernannt.
Dieser wurde 1838 in Temesvar geboren, 1863 geweiht und zugleich
Kooperator in Deutsch-Ecska, welche Gemeinde eben im Prozesswege
abgestiftet wurde. Löschardt nahm sich ihrer an und wurde 1965,
als die Ecskaer Rudolfsgnad gründeten, deren erster Pfarrer.
Für seine Verdienste um die Riedkolonien erhielt er 1872 das
goldene Verdienstkreuz. 1878 wurde er Pfarrer von Nakofalva, 1879
Vizedechant, 1886 Konsistorialrat und 1899 Pfarrer in Zichydorf.
Am 1. Oktober 1905 trat er in den Ruhestand, übersiedelte nach
Werschetz, wo er am 29. Nov. 1914 starb. In seiner freien Zeit befasste
er sich mit Astronomie. Seine Bücherei spendete er 1905 der
Werschetzer städt. Bibliothek.
Schon am 1. März 1906 übernahm die Pfarre zuerst als Administrator,
dann als wirklicher Pfarrer Michael Müller, der Ende Feber
1913 starb. Vom 1. März 1913 bis Ende Jänner 1914 fungierte
als Administrator Johann Baktay. Nach diesem folgte Jakob Endreß.
Dieser ist 1868 in Temesvar geboren und 1891 geweiht worden. 1897
wurde er Pfarrer in Gross-Gaj, 1902 in Ernsthaza und am 1. Feber
1914 in Zichydorf. Hier wirkte er ein Jahrzehnt. Endreß bewirkte
u. a. die neue Ausschmückung des Inneren der Pfarrkirche und
die Beschaffung neuer Glocken.
Die Zichydorfer Pfarre hatte das Glück, manchen bedeutenden
Priester als Seelsorger zu besitzen.
1914 schaffte man auch vier neue Glocken an. Die alten wurden eingetauscht,
den Mehrbetrag spendete Witwe Katharina Wosching. Diese Glocken
wurden aber requiriert.
Auch in unserer Gemeinde bildeten sich fromme Vereinigungen. So
1898 ein Rosenkranzverein und 1914 ein Herz-Jesu- und ein Altarverein.
Auch in der Schule ereignete sich manches, das erwähnenswert
ist. 1894 wurde von der Gemeinde die zweite Hälfte des Schulhauses
erbaut. Im Jahre 1885 ist die Unterrichtssprache schon ungarisch-deutsch
und heißen die Lehrkräfte: Mathias Deutsch, Josef Martin
und Georg Gree; hernach Johann Haupt. Dieses Jahr wurde die Zahl
der Lehrerstellen um eine vermehrt. 1891 ist außer Deutsch
und Martin noch Josef Heim und Marie Sittner angestellt, 1896 kommt
Heinrich Schuster zur Schule
Das Jahr 1896 brachte eine große Umwälzung. Die Schule
wurde verstaatlicht und die ungarische Sprache als alleinige Unterrichtssprache
eingeführt und bald nur mehr madjarische Lehrkräfte angestellt.
1897 trat die Staatsschule in Wirksamkeit, die alten Gemeindelehrer
wurden übernommen, dazu kam Aurel Ferch und Alexander Schummer,
und 1898 wurde Josef Heim als Dirigierender Lehrer angestellt.
Im letzten Jahrzehnt des XIX. Jahrhunderts wirkten an der Schule:
Josef Mihalyfi, Johann Sellö, Anton Leblang, Marie Sittner,
Robert Jaßberenyi, Michael Auer, Julius Stadach (+ 1906).
Im 1. und 2. Dezennium unseres Jahrhunderts tauchen auf die Namen:
Stefan Hirka, Stefan Ocskay, Ferdinand Szmetana u. Gemahlin, Piroska
Szende, Stefan Vatzy und Gemahlin, Johann Schell, Heinrich Jasper
(+ 1923), Nikolaus Arnold (1914 - 1924), Johanna Darson und Otto
Brichta.
Dirigierende Lehrer waren: Mathias Deutsch, 1898: Josef Heim, 1902:
Michael Auer, 1904: Josef Mihalyfi, 1909: Stefan Hirka und seit
1911 ist Johann Schell.
Im Jahre 1896 errichtete der Staat einen Kindergarten. Die erste
Kindergärtnerin hieß Elise Toth. Ihr folgte 1901 Malwine
Gerger. 1908 wurde ein Kindergartengebäude erbaut. Um 1910
wurde ein zweiter Kindergarten eröffnet und für diesen
Jolante Santa ernannt.
In den Jahren 1912 bis 1914 existierte ein Jugendverein, dessen
Leiter der Lehrer Johann Szellö war.
Aus dem Leben der Vereine können wir weit er mitteilen:
Das Schützenkorps stand 1879 unter dem Kommando des Michael
Scheirich. Damals zählte das Korbs auch 80 Mann, die grüne
Hüte mit schwarzem Federbusch trugen. 1906 war Mathias Wagner
Kommandant. 1914 schuf man sich eine Fahne an, doch wurde sie des
ausgebrochenen Krieges wegen nicht geweiht.
Am 26. Jänner 1895 wurde der Bauernverein gegründet. Präseses
waren: 1895: Michael Blaskovies, 1898: Jakob Wagner, 1899: Konrad
Debert d. Ält., 1909: Georg Wosching, nach dessen am 4. März
1923 in Meran erfolgtem Ableben: Jakob Altmayer. Im Jahre 1909 kaufte
der Verein das Haus Nr. 112 b und gab zur Tilgung der Kaufsumme
1909 200 Anteilscheine heraus.
Das Kasino, welches 1882 nur mehr 67 Mitglieder zählte, wurde
im Jahre 1886 in ein Magyar Tarsaskör umgestaltet, welcher
aber nur mit 30 Mitgliedern gegründet wurde.
Von den Vorständen des Gesangvereins in dieser Zeit sind noch
im Gedächtnisse: 1900: Josef Martin, 1901: Nikolaus Maly; von
den Chormeistern: 1892: Matthias Deutsch, 1895: Aurel Ferch, 1900:
Martin Leblang, 1904: Johann Schell.
1906 organisierten sich die Sozialisten und gründeten den "Sozialdemokratischen
Arbeiterverein“. Dessen Führer waren: Josef Kaiser und
Nikolaus Lind und heute ist es: Josef Fellner.
Am 9. August 1908 wurde der "Freiwillige Feuerwehrverein"
gegründet. Gründer und erster Kommandant war: Stefan Tiroch,
1911: Konrad Debert und 1924: Josef Wosching.
Während des 1. Weltkrieges gab es eine Filiale des Roten-Kreuz-Vereines
und einen Säuglings-Schutzverein.
In verschiedenen Zeiten geschah es, daß einzelne Gruppen der
ärmeren Bewohner aus Zichydorf auswanderten, um anderen Orts
ihr Glück zu suchen.
Die ersten verließen - wie wir oben sahen - schon um 1794
die Ortschaft und wanderten nach Deutsch-Bentschek.
1849 siedelte Georg v. Parchetich auf der Velika-Greda an der Stelle
der 1848 zerstörten madjarischen Kolonie Josefhatz Deutsche
aus Zichydorf und Morawitza an und gründete Györgyhaza.
1883 übersiedelten aus Zichydorf 24 deutsche Familien mit 93
Mitgliedern nach dem von der Kammer im Temeser Komitate angelegten
Bethlenhaza.
Nachdem in den neunziger Jahren Adam Pohlen als erster Zichydorfer
amerikanischen Boden betreten hatte, zogen viele übers atlantische
Meer.
1899 warben Nikolaus Noll und Peter Bartel unter den Zichydorfern
und Bethlenhazaern. Damals gründeten diese Auswanderer in Kanada
bei der Stadt Regina eine Ansiedlung, die sie zur Erinnerung an
ihre alte Heimat „Zichydorf“ nannten.
Von den damals hinüber gezogenen Zichydorfern sammelten sich
auch einige in St. Paul, im Staate Minnesota.
Endlich zogen anfangs 1924 bei 50 Familien nach San Paulo in Brasilien.
Dies schwächte die Bevölkerungszahl der Gemeinde wesentlich.
V. Neueste Zeit - Mariolana
1918-1924
Am 12. November 1918 wurde Zichydorf von den Serben
besetzt. Bisher wählte die Gemeinde ihre Vertretung und diese
die Ortsbehörde, nun werden Gemeindevertretung und Ortsbehörde
behördlich ernannt. Im übrigen entwickelte sich die Gemeinde
ruhig weiter, nahm sogar an Bewohnern zu.
Der Notar Franz Kleitsch wurde von den Serben im Amte belassen und
verblieb auch in demselben bis 31. Dezember 1919. Hernach trat ein
häufiger Wechsel ein. Nacheinander folgten nun in kurzen zweieinhalb
Jahren; Csakra, Peter Ernst, Nikola Petrovics, (zweimal) Csampazevics.
Endlich übernahm im Sommer 1922 Ludwig Bakonyi das Notariat
übernahm, das er heute noch bekleidet.
Als die Serben die Herrschaft übernahmen, bekleidete Michael
Nehr den Richterposten, nach ihm folgten Simon Schneider, Jakob
Günther und schließlich Michael Hasenfratz, der das Richteramt
heute noch versieht.
Da Banlak, der Sitz des Stuhlamtes Ende Juli 1919 an Rumänien
fiel, errichteten die Serben einen Stuhlbezirk Zichyfalva mit dem
Stuhlamt in Gross-Gaj. Dieses wurde jedoch schon am 13. Mai 1922
aufgelöst, bzw. dem Werschetzer Rumpf-Stuhlbezirk angeschlossen.
Letzter Zichyfalvaer Stuhlrichter war Branislav Grba.
Die am 21. Jänner 1921 durchgeführte Volkszählung
ergab folgendes Resultat: Gesamtzahl der Bevölkerung: 3120.
Hiervon waren dem Geschlechte nach: Männlich 1614, weiblich
1506; nach der Staatsangehörigkeit: Einheimische: 2987, Fremde:
6 und Unentschiedene: 127; nach der Sprache: Serben: 144, andere
Slawen: 53, Rumänen: 18, Deutsche: 2618, Madjaren: 263, Andere:
24; nach der Religion: gr. orth. Gläubige 103, r.-kath. 2800,
gr.-kath. 20, e-vang.151, muhamedanische 35, israel. 7 und andere
Gläubige 4.
Der Ortsname blieb anfänglich Zichyfalva, dann gebrauchten
die serbischen Behörden auch die Form Sici selo, auch Selo
sici. Am 18. Jänner 1922 beschloss die Gemeindevertretung auf
Initiative des Stuhlrichters als Huldigung für die zukünftige
Königin, Prinzessin Marie von Rumänien, den Ort in „Mariolana“
umzunennen. Die behördliche Genehmigung publizierte das Amtsblatt
und aus der Kabinettskanzlei erfolgte am 16. Januar 1923 datiertes
Dankschreiben.
Im Frühjahr 1922 beschloss die Gemeindevertretung, das Gemeindeprotokoll
auch in der Sprache der Ostsbevölkerung, das heißt in
deutscher Sprache zu führen. Dieser Beschluss wurde in der
anfangs April 1922 abgehaltenen Torontaler Komitats-Ausschußsitzung
gegen den abweisenden Antrag des Dr. Johann Milkovic auf Fürsprache
des Obergespanns Dr. Joco Bogdanovic mit Stimmenmehrheit genehmigt.
Nachdem seit 1918 der Kirchenpatron, das ungar. Landw.-Ministerium,
nicht mehr seinen Verpflichtungen nachkam, übernahm im Sommer
1921 die Gemeinde.
Pfarrer Jakob Endreß, welcher 1922 Vizedechant geworden war,
wurde am 11. Juli zum Pfarrer in Vrsac gewählt und dort am
3. August installiert. Heute administriert der Gross-Gajer Pfarrer
Josef Kornauth die Mariolaner Pfarre.
Am 7. Oktober 1923 spendete Rafael Rodic, erster Bischof der Groß-Becskereker
Diözese, das hl. Sak-rament der Firmung.
Heute gehören als Filialen zur Mariolaner Pfarre: Velika-Greda,
Margita und Laudonovac.
In der Schule ist anführungwert, daß Ende 1921 der später
errichtete Kindergarten aufgelassen wurde. 1921 - 1922 existierte
unter der Leitung des Lehrers Nikolaus Arnold ein Jugendverein.
1924 hatte die Schule in 6 Klassen 198 Schüler, die Wiederholungsschule
in 3 Klassen 77 und die Lehr-lingsschule 56 Schüler. Im Kindergarten
waren 86 Kinder. Lehrkräfte waren: Johann Schell (seit 1903),
Johanna Darson (seit 1903), Elwire Vatzy (seit 1911), Otto Brichta
(seit 1922). Kindergärtnerin: Malwine Ilowsky (seit 1901).
Von den Vereinen ging gleich am Anfange der Schützenverein
ein. Am 18. Dezember 1918 lieferte das Korps die Gewehre ab und
damit hörte auch der Verein auf.
Das Kasino wurde 1918 wieder ein deutscher Leseverein.
Am 8. Dezember 1920 konstituierte sich die Ortsgruppe des Deutschen
Kulturbundes; Obmann wurde Jakob Endreß.
Anfang 1922 konstituierte sich die Ortsgruppe der Deutschen Partei.
Deren Obmann wurde Jakob Altmayer.
Der Gesangverein lebte unter dem Namen "Sängerbund"
wieder auf und hatte 1923: Michael Maly zum Vorstand und Otto Brichta
zum Chormeister.
Als 1921 der Banater Feuerwehrverband ins Leben gerufen wurde, wurden
Mariolaner Bezirksinspektoren: 1921: Konrad Debert, 1923: Karl Frühauf
(Werschetz) und 1924: Josef Wosching.
Über die Geldinstitute ist zu berichten:
Die Sparkassa erhöhte 1923 das Aktienkapital auf 300.000 Dinar.
Im Spar- und Kreditverein wurde am 26. Feber 1921 das Aktienkapital
auf 1,040.000 kr. erhöht und am 23. Feber 1924 zu Direktor
Nikolaus Maly und zum Vize-Direktor Jakob Altmayer gewählt.
Die Kreditgenossenschaft schloss sich am 25. Mai 1924 der neugeschaffenen
Belgrader Zentrale an und gedeiht seither, da sie von dort werktätig
unterstützt wird, sichtlich. 1923 hatten 486 Mitglieder 6625
Anteile im Werte von 82.652 Dinar. Spareinlagen waren 222.281 Dinar
und der Reservefond 13.796 Dinar.
Im Jahr 1921 errichteten Nikolaus Maly und Arpad Soos eine Maschinenwerkstätte.
Im Jahr 1922 legte Nikolaus Maly eine Kunst- und Handelsgärtnerei
an. Gegenwärtig, Ende 1924, hat Michael Wagner eine Dampfmühle
(verbunden mit einem Bade) im Bau.
Im Jahre 1919 befassten sich einige Bewohner mit Zuckerrübenbau,
1921 versuchten sich andere mit der Anpflanzung von Tabak und 1924
betreibt Josef Blaskovits die Besenerzeugung im Großen. Übrigens
sind Körbe und Backsimpeln Erzeugnisse der Hausindustrie.
Interessant ist die Volksbewegung und deren Ursachen. Seit 50 Jahren
nämlich vermehrt sich nicht die Bevölkerung. 1869 hatte
die Gemeinde 2937, 1880: 2636, 1890: 3128, 1900: 3192, 1910: 2846
und 1921: 3120 Seelen. Diese Zahlen sprechen deutlich.
Die Ursache der Stagnation liegt nicht in einem Nachlassen der natürlichen
Vermehrung, sondern in der Ab- und Auswanderung seiner ärmeren
Einwohner. Schon 1849 sind Zichydorfer an der Anlage von Györgyhaza
beteiligt; 1883 helfen Zichydorfer Bethlenhaza gründen und
nach 1890 wandern viele nach Nord-Amerika, wo sie sich ein neues
Zichydorf gründeten. Außer diesen größeren
Partien wanderten viele einzelne in andere Banater Orte.
In den wirtschaftlichen Verhältnissen liegt die Ursache der
Stagnation der Bevölkerung. In Zichydorf sind verhältnismäßig
viele Wohlhabende, aller Grund und Boden ist in festen Händen,
darum können die Ärmeren ihren „Grundhunger"
nicht stillen. Bioseg und Laudonovac waren im Besitze von Großgrundbesitzern
(Kammer Karatsony, Holländer). Dann gelangten einige Ortsbewohner
zu Reichtum, den sie zur Erwerbung von Grundbesitz verwendeten.
Den Kleinbauern war dadurch die Möglichkeit genommen, sich
wirtschaftlich zu entwickeln, für sich und ihre Kinder Felder
zu erwerben. Die landwirtschaftlichen Arbeiter aber hatten keinen
Verdienst, weil die Grundbesitzer den Taglohn für sie nicht
günstig beeinflussten. Deshalb wanderten Kleinbauern und Arbeiter
aus, oder suchten im nahen Werschetz Verdienst. Die Zurückgebliebenen
aber schlossen sich der Sozialdemokratie an.
Und so sehen wir, daß sich die Bevölkerung des Ortes
trotzdem das die Gemarkung groß ist und die Felder hinsichtlich
des Erträgnisses zumeist erstklassig sind, der Zahl nach nicht
entwickeln kann.
Dies mag auch der Grund sein, daß sich Mancher dem Gewerbe
zuwendet. 1867 zählte man 34 Handelsleute und Handwerker, 1880
schon 87 und 1906 gar 111, was in 40 Jahren eine Vermehrung von
über 200 % ausmacht.
Schließlich ist erwähnenswert, daß heute die Debert,
Hasenfratz, Maly, Noll und Rist die volkreichs-ten Familien sind.
Beinahe anderthalb hundert Jahre sind ins Land
gezogen, seit unsere Vorfahren sich in Zichydorf eine neue Heimat
gegründet haben. Sie haben viele und oft schwere Kämpfe
mit den Elementen und auch wirtschaftliche zu bestehen gehabt. Aber
sie waren arbeitsfreudig und mutvoll, und verzagten nicht. Und wenn
auch einige glaubten, es anderen Orts besser zu finden, der Großteil
blieb an seiner Scholle in Freud und Leid haften. Und sie haben
es nicht zu bereuen. Zichydorf ist heute eine geordnete, ja, blühende
Gemeinde, und die Tüchtigkeit ihrer Bewohner ist weithin bekannt
VI. Bioseg
In der Gemarkung der Gemeinde Zichydorfs, 5,3 km
nordöstlich der Ortschaft breitet sich die Puste Bioseg aus.
Hierher verlegten Friedrich Pesty (Krasso 11?-,36) und Desider Csanki
(Magyarors. tört. földrajza, 11, 79) das mittelalterliche
Dorf Belßeg, welches zum Komitate Krasso gehörte und
von dem in mehreren Urkunden die Rede ist.
So erzählt uns eine (Pesti: Krasso, III, Nr. 86), daß
im Jahre 1375 Peter Himfi aus dem Dorfe Obelzeg (O-Belßeg)
einen Leibeigenen namens Duschin, also einen Serben, nach dem Erlage
des Terragiums in sein Dorf namens Bercse (Pirincsa) übersiedelt
hat.
Im Jahre 1421 schlossen Johann de Nagylak und Georg de Csak einen
gemeinsamen Erbschaftskontrakt, in dessem Sinne der Erstere dem
Georg de Csak u. a. auch die Ortschaften im Komitate Krasso: Belzek,
Nagybelzek und Obelzek verspricht (Ebenda, Nr. 215).
Aber im Jahre 1427 verleiht König Siegmund die Güter des
ohne männlichen Erben verstorbenen Johann de Nagylak - darunter
Nagy-Belzek, beziehungsweise Nagbelzegh und Belzeg (bzw. Belzegh)
dem Prior von Aurania Albert de Nagymihaly (E-benda, Nr. 218 und
223). Hierüber ließ Siegmund 1428 auch ein Privilegium
ausstellen (Ebenda, Nr. 226), in welchem Nagbelzeek, Belzegh, Obelzeek
und Peruenbeelzeek erwähnt werden.
Als 1444 dem Georg, Sohn Alberts de Nagymihaly, Untreue nachgewiesen
wurde, konfiszierte Johann Hunyadi, Gubernator, die Güter desselben
und Bioseg finden wir bald in anderen Händen.
Nämlich, als 1447 die Mitglieder der Familien Back de Papd
und Back de Berend über ihre im Torontaler und Keveer Komitate
befindlichen Besitztümer, namentlich Papd, Soskut, Peltelek,
Mene, Gyarmat, Czeczek, Sentlelek und Belßek, eine Vereinbarung
trafen, machten die Papder die Nachkommen der Berender, welche übrigens
durch ihre Mutter, eine Witwe nach Johann Back, geborene Kristine
Papd - in Czeczek, Szentlelek und in der Possesio (Ansiedlung) Beelzeek
Besitzrecht besaßen, zu Mitbesitzern dieser Ortschaften.
Gegen Ende des XV. Jahrhunderts (im Jahre 1491 und 1496) taucht
manchmal ein Dorf namens Belzeg, bzw. Beelzeek, im Prädikat
der in anderen Komitaten sesshaften Familie Zelena auf (Csanki am
bemerkten Orte, 98 - 99). Aber, ob darunter unser Ort zu verstehen
sei, kann man nicht wissen.
Interessant ist es, daß die Familie de Nagymihaly noch im
XVI. Jahrhundert ihr Besitzrecht auf dieses Dorf aufrecht erhielt.
Im Jahre 1550 protestierten Sandrin und Gabor de Nagymihaly dagegen,
daß entweder der Frater Georg oder Peter Petrovics die oben
erwähnten Nagymihaly'schen Güter, darunter auch Belzegh,
verliehen bekomme (Pesty: Krasso, IV, Nr. 405). Aber dies geschah
schon deshalb vergebens, weil schon zwei Jahre später mit Temesvar
die ganze untere Gegend unter türkische Herrschaft geriet.
Die einstige Größe von Belßeg bezeugt am besten
der Umstand, daß es in der Folge - wie wir sahen - in vier
Orte zerfiel, nämlich in BeIßeg, O-Belßeg, Nagy-Belßeg
und Pervan-Belßeg.
Wann Belßeg zugrunde ging, wissen wir nicht. Nach der Vertreibung
der Türken im Jahre 1716 existierte es nicht.
Seit dieser Zeit ist es unter dem Namen Bioseg als Prädium
oder Puste bekannt.
Der Umfang dieser Puste war im Jahre 1781 787 Joch, 300 quatr. Jetzt
wird der Name Piujßek geschrieben, wie dies auf einer Karte
des Sumpfgebietes zwischen den Berzava- und Theresia-Kanälen
aus dem Jahre 1781 zu lesen ist (Temesv. Mus.).
In den Jahren 1783 - 1787 brachte das Prädium Biosegh, das
jetzt wieder mit 787 Jochen angegeben wird, der Kammer jährlich
320 fl. an Pacht (Czoernig Ethnographie v. Österreich, Ill,
69).
Auf der 1799 angefertigten Torontaler Karte des Görögschen
Magyar Atlas steht P. Bioseg.
1847 lebten auf der Puste Bioseg 9 r.-kath. und 1 gr.-orth. Bewohner
(Schein. cleri diöc. Csanad pro 1848, 43).
Im Jahre 1849 gehörte die Puste zum Margitaer Kameral-Ispanat
und war an die Zichydorfer und Groß-Gajer verpachtet. Ihre
Größe war nun 600 Joch. Damals litt sie viel durch Hagelschlag
(Schriften im Vrsacer Museum).
Im Jahre 1863 pachteten Ignaz Dumtsa und Hermann Winkler die Puste.
Nun war der Umfang mit 735 Joch, 610 quatr. angegeben.
1865 bestand das Prädium Bioseg aus 610 Joch Ackerfeld, 135
Joch Wiesen und 27 Joch unbrauchbarem Gebiet, zusammen also 772
Joch. Sein Ertrag wurde auf 6.751 fl 11 kr. kor. Münze geschätzt
(Magyarors. Földjöwedelme 1865 ben 384-385).
Im Jahre 1879 lebten auf der Bioßeger Puste 15 r.-kath. Seelen.
Als man im Jahre 1884 die Csangos herabbrachte, empfahl der Vizegespann
des Torontaler Komitats auch die Bioßeger Puste zur Besiedelung.
Aber die Temesvarer Kameral-Güterdirektion hatte eine andere
Meinung, und so ging man ab davon.
Um 1890 verkaufte die Kammer die Puste an Ladislaus v. Daniel.
Zur Zeit der Kammer hatte die Puste im Jahre 1885 die meisten Bewohner,
nämlich 20 r.-kath., 20 gr.-orth. und 4 reform. Seelen. 1888
waren dort wieder nur 8 r.-kath. Bewohner. Der neue Grundherr siedelte
also gleich Arbeiter an, und so finden wir 1891 schon 75 und 1895
schon 90 r.-kath. Bewohner darauf. Im Jahre 1901 zählte man
dort gar 101, dafür aber 1910 wieder nur mehr 83 Seelen.
Belßeg ist ein eigentümlich zusammengesetztes Wort. Der
Stamm "ßeg" ist madjarisch und bedeutet „ßiget“=
Insel. Das Bestimmungswort "belu" ist ein slawisches Eigenschaftswort
und bedeutet weiß. Interessant ist die Beifügung des
einen Belßeg, das Perven (Peruen), oder wie es Csanki madjarisch
schreibt Perven. Dies ist nichts anders als das slawische “prvi“
= erstes, altertümlich „pervi“. Im Mittelalter,
als häufig nebeneinander gleichnamige Orte vorkamen, hat man
auch Zahlwörter zur Unterscheidung herangezogen. So gab es
im Arader Komitate südlich der Marosch im Jahre 1477 vier Kizdia,
die man amtlich und gebräuchlich Elsö, Masodik, Harmadik
und Negyedik Kizdia benannte. In demselben Komitate gab es gar 5
Simand.
Im Ortsnamen Prvan BeIßeg ist also das Zahlwort als Bestimmungswort
keine Seltenheit. Selten ist aber jedenfalls, daß das Zahlwort
aus der serbischen Sprache genommen wurde. Eine Analogie findet
sich in Kroatien im Komitate Lika-krbava, wo sich in der politischen
Gemeinde Perusitz die Kleingemeinde Prvanselo befindet.
VII. Laudonovac
Der südliche Teil der Gemarkung, welcher heute
Laudonovac bildet, gehörte mit dem ganzen "Großen
Riede" früher zur Dentaer Kameral-Herrschaft und war Weidegrund
und Wiese. 1862 wurde die Dentaer Herrschaft von Kadelburg und Schulhof
gepachtet. Diese ließen im Jahre 1863 zur Entwässerung
des Riedes den "Schulhof-Kanal" graben und begannen dann,
den Boden aufzuackern. Doch schon 1865 und auch noch 1880 war der
Zichydorfer Teil an einen gewissen Pajer verpachtet.
Im Jahre 1883 gab die Kammer den Großen Ried einer holländischen
Kolonisationsgesellschaft auf 12 Jahre in Pacht. Der Pachtschilling
für 1 Joch der Zichydorfer Puste war 4 fl. 50 kr. Die Gesellschaft
nahm 1884 die Ökonomie in Betrieb und zog Kanäle und erbaute
Dämme zur Entwässerung des Terrains. In den letzten Jahren
ihrer Pachtzeit gab die Gesellschaft die Gründe weiter in Pacht,
so auch die Zichydorfer Puste, welche nach einem Ingenieur Laudon,
den Namen Laudontanya erhielt, 1891 an J. Koopmann. Die Gesellschaft
hatte das Recht, daß sie in der Zeit des Pachtes die Felder
um 40 bis 50 fl. ankaufen konnte. Nachdem die Mitglieder der Gesellschaft
ihr Vermögen verloren hatten, kauften sie im Jahre 1893 den
Komplex und gaben ihn gleich weiter. Damals kaufte die Laudontanya
Graf Kamillo Karatsony um 525.000 fl.. 1908 starb Kamillo Karatsony.
Sein Erbe Graf Eugen Karatsony verkaufte den Grund Parzellenwaise
an Franzdorfer Deutsche und einige Madjaren. Seit 1922 sind zumeist
Slowaken im Besitze der dortigen Felder.
Aus dem Pachthofe und aus den Arbeiterwohnungen entstand in der
Folge eine kleine Ansiedlung, welche 1885: 72, 1900: 162 und 1910:
schon 203 Seelen zählte. Am 1. Sept. 1909 wurde in Laudontanya
eine Schule eröffnet, die 29 Schüler hatte. Lehrer waren:
1.9. bis 6. 11. 1909: Helene Mako, 6.11.1909 bis 1.3. 1922: Heinrich
Jasper, und seit dem 4. März 1922: Franz Deringer.
1922 wurde der Name der Tanya in Laudonovac umgeändert. Da
in Folge der neuen Verhältnisse auch die Bevölkerung sich
verminderte und veränderte, so resignierte Deringer am 25.
Nov. 1924 auf seinem Posten
VIII. Nachwort
Mariolana besitzt die Grundbedingungen zu einer
gedeihlichen Entwicklung, indem, daß seine Bewohner überwiegend
ein und dieselbe Sprache sprechen und sich zu ein und derselben
Religion bekennen.
Die heutigen Nachkommen der Gründer der Gemeinde genießen
nun die Früchte der Arbeit ihrer Voreltern. Mögen dieselben
das immer in Erinnerung behalten und dessen dankbar gedenken. Möge
die heutige Gemeinde und ihre Bewohner einer schönen Zukunft
entgegensehen, die sie durch ihre Arbeitsamkeit und Fleiß
und durch ihre anderen guten Eigenschaften vollauf verdienen.
Bei der Herstellung dieser Geschichte haben werktätige
Hilfe geboten: Hochw. Herr Ferdinand Löschardt (+), Hochw.
Herr Dechand-Pfarrer Jakob Endreß, Herr Volksschullehrer Nikolaus
Arnold und Herr Jakob Altmayer durch Überlassung von Daten
und Erteilung von Aufschlüssen; Letzterer auch durch seine
beispielgebende Opferwilligkeit, mit welcher er die Herausgabe sicherte.
Ihnen sei dafür aufrichtiger Dank gesagt.
Inhaltsverzeichnis
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